Ist das Rad noch recht jung, bezahlt die Versicherung des Unfallverursachers in vielen Fällen ein komplett neues Bike.
(TRD/MID) – Der E-Bike-Boom führt dazu, dass immer mehr Unfallschäden am Fahrrad von Gutachtern beurteilt werden. Die Sachverständigen gehen bei diesen Gutachten systematisch vor. Sie nutzen eine Datenbank mit Durchschnittswerten für Instandsetzungsarbeiten. Aus dieser geht hervor, wie viel Zeit Mechaniker für den Austausch beispielsweise einer Vorderradgabel, eines Rahmens oder der Gangschaltung in der Regel aufwenden, heißt es in einem Bericht der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ).
Diese Daten fließen in die abschließende Schadenbewertung ein. Darüber hinaus recherchieren die Experten die Ersatzteilpreise für beschädigte Komponenten. Am einfachsten ist es, wenn sie dafür auf Online-Kataloge der Hersteller zurückgreifen können. Mitunter führen direkte Nachfragen beim Hersteller zum Ziel. Und oft auch zu der Information, ob ein Teil überhaupt noch lieferbar ist.
Schwieriger liegt ein Fall, wenn ein Fahrrad nicht mehr dem Auslieferungszustand entspricht. Viele Biker optimieren ihr Zweirad mit Teilen aus dem Zubehörhandel, sei es mit einer hochwertigeren Schaltung oder Bremsanlage oder auch durch den Austausch von Sattel oder Lenker.
Aus allen Informationen erstellen die Gutachter eine Kalkulation, die den Wert des beschädigten Fahrrads seiner Wiederbeschaffung gegenüberstellt. „Beim E-Bike übersteigen die Reparaturkosten häufig den Wiederbeschaffungswert“, sagt Richard Stoll, seit 2014 Inhaber der GTÜ-Prüfstelle in Sindelfingen. Der Grund ist meist der teure Austausch von beschädigten Akkus oder E-Motoren.
Ist das Rad noch recht jung, bezahlt die Versicherung des Unfallverursachers in vielen Fällen ein komplett neues Bike. Ob eine Wertverbesserung erfolgt, hängt von vielen Faktoren ab. Womöglich verfügt die aktuelle Modellgeneration über mehr Leistung oder eine höhere Akkukapazität, so dass ein Mehrwert entsteht.
Übrigens: Die Herstellergarantie erlischt nach einem Unfall. Zudem gilt sie bei den meisten Fahrradmarken – anders als beim Auto – nur für den Erstbesitz. Also aufgepasst: Manche Versicherungen pochen auf den Kauf eines gebrauchten Fahrrads als Ersatz für einen Totalschaden, doch eine Herstellergarantie gibt es dann nicht mehr. Da ist mancher Zwist mit den Assekuranzen programmiert.
Wie bei defekten Autos kann sich ein Geschädigter die ermittelte Summe für Instandsetzung oder Ersatz von der Versicherung ausbezahlen lassen. Wobei der Schaden abzüglich der Mehrwertsteuer „netto“ erstattet wird. Da wird manches Fahrrad nach einem Unfall mit optischen oder nur notdürftig reparierten Schäden weitergefahren.
Ein kleiner Blick zurück: Früher waren Fahrradwerte deutlich niedriger als bei den heute üblichen Bikes. Daher regelten die Unfallbeteiligten Sachschäden gern direkt untereinander, auch um Rabatte bei den Versicherungsprämien nicht zu gefährden. Die Versicherung wurde meist nicht informiert und daher wurden auch keine Gutachten erstellt. Das hat sich mittlerweile gründlich geändert.
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