Der Zweirad-Industrie-Verband e. V. (ZIV) stellte am 13. MĂ€rz 2018 in Berlin die neuen Verkaufs- und Produktionszahlen fĂŒr den deutschen Fahrradmarkt 2017 vor. AuffĂ€llig dabei: In den letzten Jahren ist der Verkaufspreis fĂŒr FahrrĂ€der deutlich gestiegen. Lag der Durchschnittspreis 2010 noch bei 460 Euro, waren es 2017 schon 698 Euro. Verdient sich die Fahrradbranche jetzt eine goldene Nase oder wie ist diese Entwicklung zu erklĂ€ren? Der pressedienst-fahrrad liefert Antworten.
(pd-f/tg) 3,85 Millionen FahrrĂ€der wurden 2017 in Deutschland verkauft. Damit erfreut sich der Fahrradmarkt ĂŒber die letzten Jahre einer konstanten Nachfrage. Der durchschnittliche Verkaufspreis von FahrrĂ€dern hat in den letzten Jahren jedoch stark zugelegt. Zwischen 2014 (528 Euro) und 2017 (698 Euro) war die Preissteigerung besonders deutlich. Das hat verschiedene GrĂŒnde.
Mehr E-Bikes werden verkauft
Auch im Jahr 2017 waren ElektrorĂ€der wieder ein Verkaufsschlager. Rund 720.000 neue E-Bikes rollten aus hiesigen FahrradlĂ€den. Das entspricht einer Steigerung von 19 Prozent gegenĂŒber 2016. Der höhere Verkaufspreis von E-Bikes wirkt sich natĂŒrlich auch auf den Durchschnittspreis bezogen auf alle FahrrĂ€der aus. “Gerade bei E-Bikes merkt man das wachsende QualitĂ€tsverstĂ€ndnis der Radfahrer. Billig kann schnell Schrott sein. Preise ab 2.500 Euro aufwĂ€rts sind bereits NormalitĂ€t und werden gerne und bereitwillig von den Kunden bezahlt, da sie sehr gute QualitĂ€t wollen”, meint Anja Knaus vom E-Bike-Pionier Flyer. Mittlerweile macht der E-Bike-Markt 19 Prozent des Gesamtfahrradmarktes aus. Dabei ist festzustellen, dass der Begriff “Rentner-Rad” lĂ€ngst nicht mehr gilt. Auch fĂŒr junge Zielgruppen wird das Thema ElektromobilitĂ€t interessanter. “Das hochwertige Alltagsrad kommt immer öfter mit Motor”, weiĂ Knaus. Die Elektrifizierung macht auch vor sportlichen RĂ€dern nicht halt, wie Christian Malik von Haibike feststellt: “E-Mountainbikes sind ein spannendes Thema und wir sehen einen beginnenden VerdrĂ€ngungsmarkt: Statt in ein Mountainbike wird heute oft direkt in ein E-Mountainbike investiert.”
Wertige RĂ€der stehen hoch im Kurs
Hochwertige FahrrĂ€der sind dabei generell stĂ€rker nachgefragt. Die oft im FrĂŒhjahr als Angebot auftauchenden Baumarkt- und Discounter-RĂ€der verlieren an Bedeutung. WĂŒrde man diese aus der Statistik streichen und nur FachhandelsrĂ€der berĂŒcksichtigen, kĂ€me man zu einem deutlich höheren Durchschnittswert, darauf verweisen VerbĂ€nde wie der VSF e.V. (Verbund Service und Fahrrad) bereits seit einiger Zeit. “Radfahrer sind bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Das liegt auch daran, dass das Fahrrad in StĂ€dten als alternatives Verkehrsmittel und Autoersatz stĂ€rker wahrgenommen wird”, stellt Bernd Lesch von der Winora Group fest. Hinzu kommt, dass in einer Gesellschaft, die sich mit Sharing und Recycling befasst, ein hochwertiges Fahrrad beim Wiederverkauf auch einen höheren Preis erzielt und somit eine Zweit- oder sogar Drittnutzung möglich ist. Hier zeigt sich die allgemeine Steigerung der FahrradqualitĂ€t der letzten knapp 20 Jahre: Ein gutes Rad aus den 1990ern wird mitunter repariert und ersetzt so nicht selten den Neukauf eines minderwertigen Rades.
Mit Leasing kommt weiterer Schwung
Seit 2012 gilt das Dienstwagenprivileg auch fĂŒr DienstfahrrĂ€der. Seitdem können FahrrĂ€der ĂŒber den Arbeitgeber bezogen werden. Ăber einen Zeitraum von drei Jahren wird per Gehaltsumwandlung eine monatliche Rate des Bruttogehalts einbehalten. Der Radfahrer nutzt im Gegenzug die steuerlichen Vorteile, da er das Rad lediglich nach der Ein-Prozent-Regel versteuern muss. Nach Ablauf des Leasing-Vertrags kann er das Rad dann fĂŒr einen Restpreis ĂŒbernehmen. Je nach Vertrag und Fahrradpreis sind Ersparnisse von bis zu 40 Prozent gegenĂŒber dem Direktkauf möglich. Das System funktioniert aber erst ab einem gewissen Verkaufswert. Beispielsweise liegt beim Anbieter Jobrad der Leasing-Einstiegspreis bei 749 Euro. “Als Bikehersteller finden wir das Thema Leasing sehr spannend. Damit wird auch einer jĂŒngeren Zielgruppe die Möglichkeit gegeben, in hochwertige E-Bikes zu investieren und sich stĂ€rker mit dem Thema ElektromobilitĂ€t auseinander zu setzen”, so Heiko MĂŒller vom Premium E-Bike-Hersteller Riese & MĂŒller.
Man bekommt mehr fĂŒr sein Geld
Es ist nicht die Frage, ob FahrrĂ€der teurer werden, es geht darum, Innovationen und Neuentwicklungen fĂŒr Radfahrer interessant zu gestalten. An zwei RĂ€dern und einem Rahmen wird sich auĂer in AusnahmefĂ€llen nichts Ă€ndern, deshalb lohnt es sich, den Blick aufs Detail zu werfen. FahrrĂ€der werden technisch ausgereifter und besser. “Wenn man alleine die Lichtanlagen von vor zehn Jahren mit heutigen vergleicht: Jetzt sieht man auch nachts wirklich gut beim Radfahren”, meint Harald Troost vom Fahrradhersteller Koga. Riemenantriebe als wartungsarme Alternative zur Kette haben sich auf dem Massenmarkt etabliert und auch Getriebeschaltungen sind auf dem Vormarsch. “Die Kunden nehmen solche Technik-Trends gerne an und sind dann bereit, etwas mehr auszugeben. DafĂŒr gibt es mehr Komfort, weniger Wartungsaufwand und gestiegenen SpaĂ am Radfahren”, kann Volker Dohrmann von Stevens Bikes feststellen.
Individualisierung auf dem Vormarsch
Einen weiteren nicht zu unterschĂ€tzenden Faktor erklĂ€rt Stefan Stiener: “Radfahrer suchen individuelle und ergonomisch passende Produkte und lassen sich das auch etwas mehr kosten.” Mit seiner Firma Velotraum bietet Stiener Custom-made-Aufbauten an, bei denen der ergonomische Komfort im Mittelpunkt steht. Neben diesem individuellen Faktor ist auch eine stĂ€rkere Spezialisierung im Fahrradmarkt festzustellen. “Man kann sagen: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Jeder findet sein passendes Rad”, meint Henning Voss von Voss Spezial-Rad. Das reiche vom kompakten Faltrad bis hin zum dreispurigen Liegerad, vom Rennrad bis hin zum Downhill-Bike, vom City-Bike bis hin zum Lastenrad.
Wohin geht die Reise?
“Der Trend zum Fahrrad ist ungebrochen” lautet die generelle Meinung in der Fahrradbranche. Bei der E-MobilitĂ€t ĂŒbernimmt das Fahrrad eine Vorreiterrolle, in chronisch ĂŒberlasteten StĂ€dten werden E-Bikes und FahrrĂ€der als schnelle Fortbewegungsmittel genutzt. Junge Leute und Familien verzichten auch aufgrund der Parkplatzproblematik im urbanen Raum auf ein Auto und investieren lieber in einen breiten, hochwertigen Fahrradfuhrpark samt KinderanhĂ€nger. Die Radbranche hat ihre Hausaufgaben also gemacht. Jetzt ist es an der Zeit, dass auch die InfrastrukturmaĂnahmen angepasst werden.
Der pressedienst-fahrrad hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem guten Fahrrad und dessen Anwendung mehr Ăffentlichkeit zu verschaffen. Denn wir sind der Meinung, dass Radfahren nicht nur SpaĂ macht und fit hĂ€lt, sondern noch mehr ist: Radfahren ist aktive, lustvolle MobilitĂ€t fĂŒr Körper und Geist. Kurz: Radfahren ist LebensqualitĂ€t, Radfahren ist clever und Radfahren macht Lust auf mehr…
Bildquelle:Â www.pd-f.de / Messe Friedrichshafen / Eurobike